Archiv

Abgeschlossene Akten und Dateien auf Festplatten / Servern sind kein Ballast, sondern bilden den Fundus, in dem sich die Rohstoffe Ihres künftigen Archivs befinden. Es kommt „nur“ darauf an, hier die Spreu vom Weizen zu trennen. Erfahrungsgemäß kann vieles weggeworfen werden. Aber Achtung! – für bestimmte Unterlagen bestehen gesetzliche Aufbewahrungsfristen.

Daneben formulieren Organisationen / Verbände / Unternehmen / Personen usw. häufig eigene Anforderungen an die dauerhafte Verfügbarkeit von Informationen. Anderes Material dient der Rechtssicherung und muss deshalb erhalten und verfügbar bleiben. Dann gibt es Vorgänge von grundsätzlicher Bedeutung, aus denen man immer wieder „Honig saugen“ kann, und die will man nicht wegwerfen. Schließlich sind manche Unterlagen für die Organisations-, Unternehmens-, Verbands- oder Familiengeschichte relevant und sollen deshalb dauernd aufbewahrt werden. Der weitaus größte Teil alter Unterlagen und Daten passt jedoch in keine der Kategorien und wird nicht selten vorschnell über Bord geworfen, was sich rächen kann. Wer hingegen meint, es sei besser, alles aufzuheben, weil man so nichts falsch machen könne, wird ein Platzproblem bekommen oder hat es schon.

Ändern Sie die Sicht auf das Problem, denn das Problem ist kein Problem, sondern eine Herausforderung!

Stellen Sie sich so auf, dass Sie künftig ohne großen Aufwand zielgenau auf Unterlagen zurückgreifen können, die relevant sind zu bleiben!

Das Archiv ist ein wichtiger Informationsspeicher für eine Organisation / ein Unternehmen / eine Person / eine Familie und lässt seine/n Eigentümer/in positiv aus der Masse hervortreten!

Analyse - Sichtung und Bewertung der „Rohstoffe“

Wichtigste Maxime bei der Bildung eines Archivbestands ist die Fokussierung auf die selbst erzeugten Dokumente / Dateien. Sie sollen die wesentlichen Organisationseinheiten / Personen sowie deren Aufgaben, Handlungen und Arbeitsweisen möglichst zuverlässig abbilden, müssen also mit geeigneten Quellen (Akten, Daten etc.) im Archiv vertreten sein. Material, das von Dritten stammt, spielt nur eine marginale Rolle. Hier kann man sich meist auf die Dokumentation der Interaktion (Kommunikation) zwischen den Beteiligten beschränken, während das Drittmaterial der Vernichtung (Kassation) anheim fällt. In der Regel wird auch alles gedruckte Material weggeworfen (Sie können hierauf bei Bedarf in einer öffentlichen Bibliothek oder beim Herausgeber zugreifen).

Es ist allerdings nicht einfach, den historischen Wert der Überlieferung zu ermitteln, und zwar umso weniger, als dies auch mit einer Prognose für die Zukunft geschehen muss. Wir Archivare können dabei zwar auf Erfahrungen zurückgreifen, doch war und ist nicht vorhersehbar, wohin sich die Interessen in einer Gesellschaft entwickeln. Darum spielen in diesem Bewertungsprozess weitere Faktoren eine Rolle. So sind immer auch die Besonderheiten der aktenführenden bzw. datenerzeugenden Stelle / Person und deren Umfeld zu berücksichtigen.

Wir bemühen uns darum, Redundanzen (Mehrfachablagen) zu ermitteln, denn der Archivbestand würde durch solches Material nur unnötig vergrößert. Auch hier wird kassiert. Dem Archivar erschließen sich die Arbeitsweisen und damit auch die Relevanz einzelner Einheiten der Überlieferung erst nach und nach, und so ist es selbstverständlich, dass einzelne Fragen (Fälle) nur unter Einbeziehung der verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Organisation bzw. der auskunftsfähigen Person geklärt werden können. Im Bewertungsprozess ist also immer auch Ihr Fachwissen gefragt.

Häufig finden sich im Fundus nicht mehr genutzter Akten und Dateien größere Mengen an Photographien, Karten, Bau- und technischen Zeichnungen usw. Diese von Akten und Dateien abweichenden Überlieferungsformen werden je gattungsweise in Sammlungen vereinigt. Vielfach wird auch der Nachlass einer natürlichen Person (z. B. persönliche und Familienpapiere des Unternehmensgründers etc.) als Sammlungsgut begriffen und als eigenständiger Bestand behandelt.

Grosso modo lässt sich sagen, dass dem Archivar die Funktion eines „Trichters“ zukommt, und wer dieses Utensil vor dem geistigen Auge sieht, kann sich ein Bild von der Fließrichtung des Bewertungsprozesses machen. Ihn in Gänze zu beschreiben, ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Nach Abschluss der Bewertung (faktisch dauert der Bewertungsprozess bis zuletzt – parallel zu den weiteren Arbeiten – fort) erfolgt die Ordnung und Verzeichnung des Archivbestands.

Aufbereitung - Ordnung und Verzeichnung

Die als archivwürdig identifizierten Akten-, Daten- und Sammlungsgutbestände müssen in mehrfacher Hinsicht gegeneinander abgegrenzt werden  (Bestandsbildung / Bestandsabgrenzung). Akten- und Datenbestände, die von einer identifizierbaren Organisation oder Person stammen (also etwa die Unterlagen der Alpha AG), bilden einen Archivbestand. Unterlagen, die von einem Tochterunternehmen oder anderen Personen stammen (etwa der Delta GmbH), bilden ebenfalls einen (eigenen) Archivbestand. Die Bildung der Bestände erfolgt hier gemäß Entstehung und Herkunft von Unterlagen etc. nach dem sog. Provenienzprinzip. Es ist das wichtigste Kriterium für die Bildung von Archivbeständen. Es gibt aber noch weitere Gründe für die Bildung und Abgrenzung von Beständen. So kann z. B. die Umwandlung einer GmbH in eine Aktiengesellschaft Anlass für eine Bestandsabgrenzung sein (Hinzutreten des bei der GmbH i. d. R. nicht vorhandenen Aufsichtsrats). Dass eine Fusion oder Verschmelzung von Unternehmen die gleiche Folge haben wird, dürfte nahe liegen. Die einzelnen Archivbestände werden üblicherweise hierarchisch in die sog. Tektonik (Gliederung des Gesamtbestands) eingefügt. Dabei werden die Bestände i. d. R. durchgezählt, während Sammlungen nach ihrem Inhalt bezeichnet werden. Sammlungen sind keine Provenienzbestände, sondern Pertinenzbestände (Zusammenfassung einer bestimmten Dokumentationsform – etwa Fotografien – in einer Sammlung).

Zu jeder Verzeichnungseinheit (Akte, Datei, Fotografie etc.) werden formale Angaben (bei Akten z. B. Aktentitel, Aktenlaufzeit, Aktenzeichen etc.) erhoben. Der Aktentitel soll den Inhalt der Einheit möglichst vollständig beschreiben, weswegen er meist neu zu bilden oder zu ergänzen ist. Reicht diese Maßnahme nicht aus, werden die Daten durch inhaltliche Kurzangaben ergänzt (Aktentitel z. B. „Erwerb und Bebauung des Grundstücks Erlengrund (Musterstadt) mit einer Bauschuttsortieranlage“. Der Titel ist schon recht präzise. Es kann aber wesentlich sein, dass die Errichtung der Anlage gefördert wurde, so dass es sich empfehlen dürfte, etwa folgende Angaben hinzuzufügen: „Enthält u. a.: Zuschüsse aus dem Förderprogramm gemeindenahe Abfallverwertung des Bundesministeriums für X. - Gewährung einer Ansiedlungsprämie durch die Gemeinde Musterstadt. - Umweltverträglichkeitsgutachten, 1998. - Strafanzeige gegen den Bauleiter Max Lindner wegen Diebstahls von Kupferkabeln.“).

Jede Verzeichnungseinheit erhält eine Archivsignatur. In Kombination mit der Bestandsbezeichnung bildet sie das eineindeutige Identifikationsmerkmal für das einzelne Stück (jede einzelne Verzeichnungseinheit ist physisch immer nur Bestandteil genau eines Bestandes bzw. einer Sammlung). Alle erhobenen Daten wurden früher auf Karteikarten vermerkt, während sie heute meist in die Erfassungsmaske einer geeigneten Archivsoftware / Archivverwaltungssoftware eingegeben werden. Kernstück solcher Programme ist eine Datenbank.

Sind alle Einheiten eines Bestandes verzeichnet, wird für den Bestand eine innere Ordnung (die sog. Klassifikation) erstellt und die einzelnen Stücke entsprechend eingeordnet. Liegt der Überlieferung bereits eine Ordnung zugrunde (etwa ein Aktenplan), wird eine solche Systematik – wenn sie aussagefähig ist – beibehalten. Parallel zu Ordnung und Verzeichnung der Archivalien läuft der Bewertungsprozess, wie schon erwähnt, beständig weiter, denn im Zuge der Arbeiten werden häufig Unterlagen festgestellt, deren Aussage durch eine schon bearbeitete Einheit bereits ausreichend dokumentiert ist. Es gilt also auch, die Überlieferung nicht unnötig aufzublähen und demgemäß immer wieder einzelne Stücke zu kassieren.

Wo es sich um nur einen Archivbestand handelt (etwa ein Familienarchiv), stellen sich die entsprechenden Arbeiten sehr viel einfacher dar. So kann z. B. auf die Klassifikation verzichtet werden. Auch ist es nicht unbedingt nötig, das klassische Archivgut (Akten) vom Sammlungsgut (z. B. Fotos) zu trennen. Ein aktuelles Beispiel für ein von mir konzipiertes und betreutes Familienarchiv finden Sie hier.

Nutzung

Soll der Bestand eines Inhouse-Archivs (etwa in einem Wirtschaftsunternehmen) in die Erledigung des Tagesgeschäfts einbezogen werden (was sehr sinnvoll und nutzbringend sein kann!), muss die Archivdatenbank in geeigneter Weise zugänglich gemacht werden. Das Archiv sollte regelmäßig ein zentraler Baustein des Wissensmanagements einer Organisation / eines Unternehmens sein und eignet sich auch bestens für die Einbeziehung in ein Data Warehouse. Handelt es sich um einen primär für die historische Forschung relevanten Archivbestand, wird sich (ergänzend auch) die Herstellung eines klassischen Findbuches (erstellt am PC und per PC-Drucker ausgedruckt) empfehlen. Bei mehreren Beständen wird es häufig – u. U. bestandsweise – eine Kombination zwischen beiden Formen geben.

Das klassische Findbuch erfordert einen beträchtlichen Arbeitsaufwand, der jedoch in Ansehung des Wertes einer Überlieferung gerechtfertigt sein kann. In einem solchen Fall muss die Geschichte des Registraturbildners („Produzent“ der Überlieferung) ermittelt werden und auch der Weg, den die Überlieferung – ggf. etappenweise – in das Archiv genommen hat, beschrieben werden. Die Überlieferung ist qualitativ und quantitativ zu bewerten, und es sind weiterführende Literatur und ggf. ermittelte Archivbestände (Dritter oder eigene) zu benennen. Eine sehr ausführliche Findbucheinleitung steht hier als PDF-Dokument zur Verfügung (kriegen Sie keinen Schreck, denn einen solchen Aufwand treiben Archivare nur sehr selten).

Grundsätzlich muss man sich darüber klar sein, ob man das eigene Archiv – ggf. auch nur Teile davon – Dritten (externen Nutzerinnen / Nutzern) zugänglich machen will oder zugänglich machen darf (z. B. Personendatenschutz). Auch Urheber-, Autoren- und Verwertungsrechte sind zu beachten. Handelt es sich das Archiv einer Person oder Familie, entscheidet diese, wer was sehen bzw. benutzen (auswerten) darf. Dabei kann man selbst bei der Präsentation eines solchen Archivs im Internet entscheiden, in welchem Umfang man es für die Allgemeinheit zugänglich macht. So ist z. B. im Fall des von mir konzipierten und seit 2008 betreuten Familienarchivs Müller und von Bülow nicht einmal ein Drittel aller Datensätze einsehbar.

Sicherung

Was man als wertvoll einstuft, sollte man schützen. Darum werden in einem Archiv immer auch Maßnahmen zur Bestandserhaltung zu ergreifen sein. Materialien, die das Archivgut mittel- und langfristig schädigen könnten (etwa Büroklammern, Heftklammern und die so sehr beliebten Klarsichthüllen), werden meist parallel zu den weiter oben beschriebenen Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten aus Akten usw. entfernt und die Verzeichnungseinheiten in säurefreie, basisch gepufferte Archivhefter oder -mappen umgebettet. Diese wiederum werden in gleichartige Archivkartons gelegt und die Kartons mit der Bestandsangabe und den Archivsignaturen der darin befindlichen Verzeichnungseinheiten beschriftet. Die Archivkartons müssen in geeigneten Regalen und Räumen (Raumklimanormen beachten!) gelagert werden. Gefährdungen (etwa durch Wasser und Feuer) müssen ausgeschlossen werden. Weil das nicht immer möglich ist, müssen Rettungsszenarien erarbeitet und in einem Notfallplan verbindlich festgelegt werden.

Es gibt Archivalien, die besonders wertvoll sind, so dass man sie nicht im Original an Nutzer oder Mitarbeiter herausgeben wird (Diebstahlsgefahr, Gefahr von Schäden durch Benutzung usw.). In solchen Fällen wird sich die Herstellung eines Faksimiles – ggf. auch die Sicherungskonvertierung in eine andere Medienform (z. B. Mikrofilm, Datei etc.) – usw. empfehlen.

Noch einmal in Kürze:

  • Altakten und Altdateien sind kein Ballast, sondern Rohstoffe für Ihr Archiv.
  • Ein gut erschlossenes Archiv erleichtert die tägliche Arbeit und erbringt erheblichen Nutzen und Mehrwerte. In einer Organisation / einem Unternehmen sollte das Archiv ein zentraler Baustein des Wissensmanagements und ggf. auch des Data Warehouse sein.
  • Das Archiv gibt Auskunft über wesentliche Entwicklungslinien einer Organisation / eines Unternehmens (Gründung, Tätigkeitsfelder, Alltagsgeschäft, Jubiläen, Know-How, technische Verfahren und Abläufe usw. usf.) oder enthält Material zu einer Person / Familie.
  • Das Archiv ist ein wesentlicher Baustein der Organisations-, Verbands- oder Unternehmenskultur (was definitiv noch verkannt wird).
  • Ein eigenes Archiv verhindert eine eindimensionale Sichtweise auf wesentliche Entwicklungen einer Gesellschaft, die ihren Niederschlag vorwiegend noch / nur in Beständen staatlicher und kommunaler Archive finden. Auch das sollte man bedenken und sich selbstbewusst auf eine Stufe mit diesen öffentlichen Archiven stellen.
  • Wer hier eine erweiterte oder neue Sicht auf die Dinge gewinnen konnte, kann nur ermutigt werden, entsprechende Schritte zu unternehmen. Es ist selten zu spät, um die Dinge in Ordnung zu bringen.

Ich stehe Ihnen als kompetenter und zuverlässiger Partner gerne zur Verfügung und bringe mehr als 15 Jahre praktischer Berufserfahrung in Ihr Archivprojekt ein.

Hier eine Alternative für Kurzentschlossene mit entsprechender Haftpflichtsumme.